Beuroner Kunst

Hubert Krins: Die Kunst der Beuroner Schule. Wie ein Lichtblick vom Himmel. Beuron: Beuroner Kunstverlag 1998, 126 S., 121 Abb., ISBN 3-87071-078-0, 32,00 DM.

Kunst der Beuroner Schule

Vor hundert Jahren waren die Werke der Beuroner Kunstschule der Inbegriff der sakralen Kunst. So äußerte sich Romano Guardini 1910 fast hymnisch: „O diese Falten im weißen Mantel der Gottesmutter von St. Maurus! Wie gleiten sie, wie sind sie voll der edelsten, unberührbaren Schönheit!“ Heute ahnen nur wenige, welch hoher Anspruch diesen Werken zugrundelag. Daß Beuroner Kunst noch immer weithin verkannt wird, liegt zumindest teilweise in ihr selbst begründet. Sie ist einerseits klösterliche Kunst und damit in eine Tradition eingebunden, andererseits auch funktionale Kunst und hat sich als solche in ein liturgisches Gesamtkunstwerk einzufügen.

Zu seinem hundertjährigen Jubiläum legt der Beuroner Kunstverlag nun ein schön gestaltetes Buch vor, das zu einer Wiederentdeckung Beuroner Kunst und ihrer Prinzipien beitragen will. Die zahlreichen meist farbigen Abbildungen wurden großenteils neu aufgenommen und laden zum Blättern und Vergleichen ein. Dem so gewonnenen ersten Überblick assistiert der Begleittext aus der Hand des Kunsthistorikers und Denkmalpflegers Hubert Krins mit profunder Sachkenntnis. Krins, der selbst an der jüngsten Restaurierung der Maurus-Kapelle, eines der bedeutendsten Werke der Beuroner Schule, mitgewirkt hat, führt die Leser durch die Entwicklungsgeschichte dieses Stils, der zwischen 1868 und 1930 maßgeblich von den Benediktinern Peter Desiderius Lenz, Jakob Gabriel Wüger, Adolf Paul Krebs und Jan Willibrord Verkade geprägt wurde. Schwerpunkte ihres Schaffens waren neben Beuron, wo Kirche und Kloster stark verändert wurden, die Benediktinerklöster in Monte Cassino, Prag und Rüdesheim. Doch sind es nicht zuletzt die unausgeführten Entwürfe und theoretischen Arbeiten, die den Hintergrund dieser Kunstrichtung erschließen. Augenfällig sind die Rückgriffe auf frühchristliche und altägyptische Kunst. Stilisierung statt Naturalismus war das Programm, das analog etwa byzantinischen Ikonen innewohnt. Die Künstler reflektierten dabei auch durchaus die theologische Dimension ihrer Arbeit und zogen Parallelen von unumstößlichen Glaubenswahrheiten zu Prinzipien sakraler Kunst.

Angeregt durch dieses Buch wünscht man sich neue Diskussionen über die Funktion sakraler Kunst, die ihrerseits Perspektiven für die tatsächliche Gestaltung im Spannungsfeld von Moderne und Tradition aufzeigt.


publiziert in:
Deutsche Tagespost 20.3.1999