Domorganist Heitmann

Die Sauer-Orgel im Dom zu Berlin. Bach, Grabner, Reger. Fritz Heitmann, Orgel. Berlin Classics 0091342BC (Vertrieb: „edel“ GmbH Berlin).

Orgel Berlin

Kürzlich wurde an dieser Stelle eine CD mit Orgelwerken Max Regers an der wiederhergestellten Orgel des Berliner Doms vorgestellt. Das Label „Berlin Classics“ präsentiert nun Aufnahmen aus den Jahren 1940 und 44 mit dem damaligen Domorganisten Fritz Heitmann.

Man spürt deutlich, daß an der monumentalen Sauer-Orgel (IV/113) die Orgelbewegung nicht spurlos vorüber ging. Was heute, nach der vollendeten Renovierung, wieder nach grundtöniger deutscher Romantik klingt, ist unter Heitmann durch etliche zusätzliche Register im Rückpositiv nach oben hin ausgebaut worden. Eine vollständige Barockisierung, 1941 durch Rudolf von Beckerath projektiert, kam kriegsbedingt nicht zustande.

Heitmann war einer der bedeutenden deutschen Organisten seiner Zeit. Als Schüler Karl Straubes legte er besonderes Augenmerk aufs Bachspiel. Interessant ist dabei die Programmauswahl der vorliegenden Aufnahme: Dorische Toccata, Präludium h-Moll und Fantasie g-Moll erklingen sämtlich ohne die in den Notenausgaben gewöhnlich beigestellten Fugen. Einzig Toccata und Fuge d-Moll wurden zusammenhängend eingespielt. Kann man sich bei der dorischen und der d-Moll Toccata von Heitmanns Virtuosität überzeugen, überrascht beim h-Moll Präludium die prägnate Artikulation. Auch die g-Moll Fantasie bekommt ein ganz eigenes spätromantisches Gepräge, wenn ihr die Dynamik eines solchen Instruments übergestülpt wird. Die d-Moll Toccata schließlich ist ein wunderschönes Beispiel Straubescher Bach-Tradition. Auch heute noch kann man solche Epitaphien der Interpretationskultur bei Trauungen oder in Silvestergottesdiensten bestaunen.

Fast zwingend für diese Orgel ist die Interpretation von Regerscher Orgelmusik, ist sie doch für den Klang von Sauer-Orgeln wie maßgeschneidert. Introduktion und Passacaglia d-Moll veranschaulichen dies.

Neben Bach und Reger widmete sich Heitmann aber auch zeitgenössischen Kompositionen, von denen er eine beachtliche Zahl zur Uraufführung brachte. Wenige haben allerdings die Zeiten überdauert. Die exemplarisch erklingende F-Dur Toccata von Hermann Grabner (1886–1969) hat dieses Schicksal aber eigentlich nicht verdient.

Die Tonqualität der Mono-Aufnahme ist den Umständen entsprechend gut. Die d-Moll-Toccata erinnert an eine etwas häufig gehörte Schellack-Platte und einzig der Bachchoral Wachet auf, ruft uns die Stimme ist verzerrt und eigentlich unanhörbar. Eine informatives Beiheft rundet diese dokumentarische Edition ab.


publiziert in:
Deutsche Tagespost 26.4.1997