Kunst der Fuge

Bach: Die Kunst der Fuge, Orgelkonzerte. Johannes-Ernst Köhler, Orgel. Berlin Classics 0091762 BC (Vertrieb: „edel“ GmbH Berlin).

Bach Orgelkonzerte Köhler

Seit dem vergangenen Jahr die Aufnahme des DDR-Labels „Eterna“ mit dem legendären Organisten Johannes Ernst Köhler aus den Jahren 1970/73 unter neuem Etikett als CD greifbar. Während es für Bachs Kunst der Fuge heute bessere, weil durchsichtigere und weniger Großartigkeit heischende Einspielungen gibt, ist die Aufnahme der Orgelkonzerte an der Hofkirche zu Dresden in ihrer Farbigkeit und Musikalität unübertroffen.

Etwa seit 1709 machen sich italienische Einflüsse auf den am Weimarer Hof tätigen Bach bemerkbar. Ähnlich wie sein Vetter Johann Gottfried Walther bearbeitete Bach Instrumentalkonzerte italienischer Komponisten für die Orgel. Während Bach die Vorlagen Vivaldis im Zuge der Transkription nur geringfügig veränderte, griff er in die Partitur des G-Dur Konzertes seines Schülers Prinz Johann Ernst massiv ein. die Konzerte entstanden in den Jahren 1713/14 und hattenm ihren „Sitz im Leben“ während der Abendmahlsausteilung im lutherischen Gottesdienst.

Johannes Ernst Köhler entlockt der Hofkirchenorgel zu Dresden den wunderbaren Farbenreichtum eines mitteldeutschen Barockinstruments. Das letzte Werk Gottfried Silbermanns mit III/47 wurde 1754 fertiggestellt. Silbermann starb noch während der Bauzeit und sein Neffe Johann Daniel aus Straßburg vollendete das Werk. Glücklicherweise war die Orgel im 2.Weltkrieg ausgelagert, sodaß sie die Bombennacht Dresdens überdauerte. Als Werkführer am Bau beteiligt war seinerzeit auch Zacharias Hildebrand, der später die Orgel der Wenzelskirche in Naumburg errichtete, auf der Köhler in vorliegender Aufnahme die Kunst der Fuge eingespielt hat.

Das abstoßende Cover und ein Beiheft, in dem keine Angaben zur Aufnahme, zu den Instrumenten oder zum Interpreten zu finden sind, dem außer einem musikologischen Beitrag also so ziemlich alles fehlt, was für ein solches Dokument der Phonogeschichte wissenswert gewesen wäre, zeigen, daß es sich hier offensichtlich nurmehr um eine Zweitverwertung „abgewickelter“ Kunst handelt.


publiziert in:
Deutsche Tagespost 2.8.1997