Reger in Berlin

Max Reger: Orgelwerke Vol.3. Arvid Gast an der großen Sauer-Orgel im Dom zu Berlin. Motette CD 12041.

Reger Orgelwerke

Als 1905 der protestantische Dom zu Berlin als prunkvolle Hauptkirche eingeweiht wurde, war die neue Orgel aus der Werkstatt von Wilhelm Sauer in Frankfurt/Oder die größte Kirchenorgel Deutschlands. Immerhin 113 Register hatte der Orgelbauer disponiert und zeigte sich in dieser Monumentalität als echter Schüler Cavaillé-Colls.

Nach einem barockisierenden Umbau in der 30er Jahren kam der Ausbruch des Krieges weiteren Veränderungen der Orgel zuvor. Während sie den Einsturz der Domkuppel weitgehend unbeschadet überstand, setzten ihr später mutwillige Zerstörungen und Diebstahl in einer Zeit zu, in der der Dom leer stand und Besuchern nur von einer noch für Gottesdienste genutzten Seitenkapelle aus Einblick in den verwahrlosten Hauptraum gewährt wurde. 1993 konnte die Renovierung, die schon zu DDR-Zeiten begonnen hatte, abgeschlossen werden. Und nun klingt auch die Sauer-Orgel wieder mit deutsch-romantischer Macht durch den überdimensionierten Betsaal.

Das Instrument bietet sich geradezu an für Regers Orgelwerk. Bekanntermaßen erhielten viele seiner Kompositionen erst ihre endgültige Gestalt, nachdem Karl Straube sie auf seiner Weseler Sauer-Orgel probiert hatte und Änderungsvorschläge einbrachte. Auch Uraufführungen von Reger-Werken erklangen auf Sauer-Orgel.

Arvid Gast spielt zwei große Choralfantasien (Ein feste Burg ist unser Gott op.27 und Straf mich nicht in deinem Zorn op.40/2) Den Abschluß bildet die Symphonische Fantasie und Fuge d-Moll op.57. Unterbrochen werden diese drei Riesenwerke durch fünf Stücke aus 12 Orgelstücke op.59. Es sind dies ganz im Kontrast zu den großangelegten Konzertwerken liturgische Musiken und romantische Charakterstücke.

Obwohl sich der breite Klang der gewaltigen Orgel nur schwer einfangen läßt, ist die Aufnehme technisch gut gelungen. Welches Vibrieren des ganzen Körpers diese Orgel live auszulösen vermag, kann der Hörer am heimischen CD-Spieler allerdings nur erahnen.


publiziert in:
Deutsche Tagespost 19.4.1997