Maronitische Weihnacht

Maronitische Weihnachtsgesänge. Chor der Kirche „Notre Dame du Liban“ Paris, Leitung P. Wadih Al Skayem, Orgelimprovisationen Naji Hakim an der Orgel von „La Trinité“ Paris. IFO-Records, Postfach 43 12 63, 55076 Mainz.

Maroniten Hakim

Maronitische Weihnachtsgesänge mit Orgelimprovisationen zu kontrastieren, ist sicher ein gewagtes Unternehmen. Der Organist der Pariser Pfarrkirche Ste. Trinité, Naji Hakim wurde 1955 in Beirut geboren und ist Nachfolger des berühmten Komponisten Olivier Messiaen an der 1868 von Aristide Cavaillé-Coll vollendeten Hauptorgel. In seiner Person verbinden sich orientalische und europäische Tradition aufs Überzeugendste.

Der Chor der Kirche Notre Dame du Liban singt unter Leitung von P. Wadih Al Skayem die alten, großenteils mündlich überlieferten liturgischen Gesänge, deren Tonsystem sich nicht auf arabische oder gar auf byzantinische oder gregorianische Systeme zurückführen läßt. Die Tonskalen sind nicht gleichschwebend und wirken daher für europäische Ohren recht „orientalisch“. Faßbar werden sie durch die syllabische Struktur – ein Hinweis darauf, daß die ganze Gottesdienstversammlung gemeinsam singt und nicht nur ein professioneller Chor – die strophische Anordnung und den relativ geringen Tonumfang von maximal einer Quinte, oft aber nur einer Terz. Die monodischen Gesänge zeichnet allerdings eine ungeheure rhythmische Vielfalt aus.

Der Interpretation des Gesanges folgt auf der CD sodann unmittelbar – allerdings mit spürbarer Raumdifferenz (größerer Nachhall) – die Improvisation Hakims, bei der sich die ganze Meisterschaft des Organisten zeigt. Er verarbeitet nicht nur das musikalische Material, hörbar wird auch sein Eindringen in den Text der syrischen Poesie und ihren liturgischen Ort. Er entlockt der großen Orgel stürmische Toccaten und zauberhafte Cantilenen, geht auf die freie Rhythmik der Vorlagen ein und zeichnet ihre für eine Orgel natürlich sperrige Harmonik nach. Es entsteht ein Klanggemälde von suggestiver Kraft, das Freunde französischer Orgelromantik und orientalischer Musik gleichermaßen überzeugen dürfte.


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