Athos erlesen

Rudolf Billetta: Athos, [Europa erlesen], Klagenfurt: Wieser 2000, 330 S., ISBN 3-85129-337-1, 12,95 EUR.

Bereits 1992–94 hat Rudolf Billetta in seiner – leider sehr abseitig verlegten – fünfbändigen Publikation alte Berichte über Reisen zum Berg Athos gesammelt und damit ein Standardwerk geschaffen. Für die ambitionierte Reihe „Europa erlesen“ des Wieser Verlags hat er aus den dort veröffentlichten, aber auch aus neueren Reiseberichten eine bunte Auswahl getroffen, die vielerlei Aspekte des Heiligen Berges beleuchtet. Nikephoros Gregoras (um 1350) oder Christoforo Buondelmonti (um 1400) kommen dabei ebenso zur Sprache wie der Architekt Le Corbusier (1911), der Expressionist Theodor Däubler (1923) oder der Journalist Freddy Derwahl (1991). Manche Texte hat der Herausgeber erstmals ins Deutsche übertragen und dafür zuweilen – wie z. B. bei Pierre Belon – einen nicht unpassenden historisierenden Sprachstil gewählt. Die 110 Abschnitte sind meist nur wenige Seiten lang und werfen ebenso ein Schlaglicht auf eine bestimmte Situation auf dem Athos wie auf die Sichtweise des Betrachters. Ein siebenseitiges Glossar und ein zehnseitiges Verzeichnis der Quellen und benutzten Übersetzungen runden das Bändchen ab. Auch wenn der im Vorwort reklamierte bibliophile Anspruch (vor allem was den Textsatz angeht) leider nicht ganz eingelöst wird, ist hier ein hübscher, facettenreicher Reisebegleiter entstanden, der nicht zuletzt angenehm in der Hand liegt.


publiziert in:
Der christliche Osten 57 (3–4/2002) 283