Athos – Die Klostergründungen

Massimo Capuani / Maurizio Paparozzi: Athos. Die Klostergründungen. Ein Jahrtausend Spiritualität und orthodoxe Kunst, 248 S., 210 teils farbige Abb., ISBN 3-7704-3409-3, 98,00 DM.

Athos

Viele Bücher – auch etliche respektable und gut fotografierte Bildbände – sind über den Athos in den letzten Jahren erschienen. Daß der großformatige Bildband über die nordgriechische Mönchs-Halbinsel eine Lücke auf dem Buchmarkt füllt, kann man also nicht gerade behaupten.

Doch wird bereits auf den ersten Blick deutlich, daß Massimo Capuanis Bilder hohe Ansprüche erfüllen. Er fotografiert mit sicherem Empfinden und keineswegs nur illustrativ. Wenn den da und dort eingefangenen Stimmungen zuweilen der Hauch von etwas Musealem anhaftet, kommt das vermutlich dem Blickwinkel vieler Besucher des Heiligen Berges entgegen. Auch die Farben verstärken diesen Eindruck: zweifellos haben sie bei der Reproduktion gelitten. Besonders deutlich wird dies bei den Schwarzweiß-Bildern, die stellenweise sehr grobkörnig und daher wie aus anderen Publikationen übernommen wirken (z. B. 66f).

Der Band gliedert sich in drei Teile. Der 25seitige Beitrag von Maurizio Paparozzi zu „Geschichte, Kultur, Spiritualität“ eröffnet das Buch mit einem instruktiven Streifzug durch Athos-Reiseberichte und -Zeugnisse. In einem zweiten Teil (S. 63–91) referiert Capuani die Charakteristika der athonitischen Kunst gegliedert in Architektur, Malerei, Bildhauerei und Kleinkünste sowie einem Beitrag über die aus der Liturgie erwachsenden Anforderungen an die Kunst. Doch gerade bei diesem letzten Abschnitt wird deutlich, daß weder Verfasser noch Übersetzerin einen Zugang zum liturgischen Leben gefunden haben und damit die kunstgeschichtliche Betrachtung an manchen Stellen zu kurz greift.

Auch hätte man sich zuweilen ein intensiveres Eingreifen des Lektors in die Übersetzung gewünscht. Es wären dann wohl weniger redundante Passagen (S. 145 „20.000 gedruckte Bände“ oder S. 201 „das kleinste Athoskloster“), befremdliche Übersetzungen oder falsche Begrifflichkeiten (S. 86 Kodizes sind „bestickt“ statt „verziert“, S. 201 „Gasthaus“ statt „Empfangszimmer“ des Klosters, S. 149 „Köpfung“ statt „Enthauptung“ des Johannes, S. 129 „georgianische“ statt „georgische“ Mönche) stehen geblieben.

Im Hauptteil des Buches verbinden sich die Bilder mit Beschreibungen der 20 Großklöster, des Hauptortes Karyes und der Skiten. Im immer gleichen Aufriß stellt Capuani Geschichte und Kunst des jeweiligen Klosters und Bemerkenswertes aus seiner Umgebung dar. Jedem Kloster ist ein schematischer Grundriß beigegeben, der allerdings zuweilen etwas unzureichend beschriftet ist (z. B. S. 201, 225). Äußerst hilfreich sind hingegen die detaillierten Grundrisse des Katholikons eines jeden Konvents, in den mittels Bezifferung das ikonographische Programm eingetragen ist. Auf diese Weise erschließen sich die reichen Bilderzyklen der Kirchen (und – wo es lohnend erscheint – auch der Speisesäle). Eine Kopfzeile mit dem jeweiligen Klosternamen würde die Orientierung sehr erleichtern.

Abschließend finden sich auf wenigen Seiten (242–248) neben einem hilfreichen Glossar auch die „wichtigsten Typika des Berges Athos“ aus den Jahren 972, 1045 und 1406 in einer summarischen Darstellung sowie Biogramme von Heiligen und Personen aus der Athonitischen Ikonographie – beides begrüßenswerte Ansätze, die in anderen Publikationen zu vermissen waren.

Entstanden ist ein repräsentativer Bildband, der die Freunde des Heiligen Berges zum Schauen einlädt und auf leicht zugängliche Weise wichtige Informationen über die kunstgeschichtliche Bedeutung und Geschichte der Athosklöster bietet.


publiziert in:
Der christliche Osten 55 (3–4/2000) 205