Wohl als Geschenk für Athosfreunde ist dieses beim Herder-Verlag erschienene Buch gedacht. In für das kleine Format großzügiger Aufmachung spricht es durch die durchgehend farbige Bebilderung an. Sollten die Photos jedoch tatsächlich (wie angegeben) vom Verfasser stammen, müßte er seine Pilgerfahrt streckenweise mit dem Hubschrauber unternommen haben. Ähnlich undurchsichtig erscheint das Zustandekommen des Textes. Er ist augenscheinlich aus mehreren Reiseberichten zusammengefügt, denn wie wäre es sonst zu erklären, daß in der Heiligen Woche in der Trapeza von Iviron Käse und Oliven aufgetischt wurden. Nun, die Reisegruppe um Helmut Starrach hatte ihre „Landjäger mitgebracht“, um auch in der Karwoche der fleischlosen Kost der Mönche zu begegnen. Augenscheinlich haben weder mehrere Besuche am Athos noch die Lektüre der im Anhang angegebenen Literatur in ihnen Verständnis für das geistliche und praktische Leben der Mönche geweckt.
Da ist schon nebensächlich, daß die Beschreibung der Einreiseformalitäten schon seit Jahren überholt ist (S. 12), die Gebühr für das Diamonitirion nicht etwa 40 sondern nur 25 Euro beträgt (15) und der Stempel der Epistaten auf diesem Athos-Paß schon seit Jahrzehnten nicht mehr aus vier Teilen zusammengesetzt wird (16). Auch die Erläuterungen zur klösterlichen Idiorhythmie – obschon als lebendige Realität dargestellt (40f, 51) – ist nurmehr Geschichte. Wer Ikonen wie die Portaitissa von Iviron unter dem Blickwinkel des Kunsthistorikers betrachtet (31), sollte nicht die Mosaikikone des hl. Nikolaus aus Stavronikita ins 4. Jahrhundert zurückdatieren (47). Auch handelt es sich bei dem Bild auf S. 53 aus dem Narthex von Vatopädi mitnichten um den Bilderzyklus zum Akathistos-Hymnus. Vielmehr sind im oberen Register Szenen aus dem Marienleben dargestellt, wie sie auch andernorts (etwa in der Trapeza der Megisti Lavra) begegnen. Wenn es ein Kennzeichen von der Verklärung Christi geweihten Kirchen wäre, in der Kuppel die Darstellung des Pantokrators zu zeigen (46), trügen nahezu alle byzantinische Kirchen dieses Patrozinium. Die Liste der Irrtümer, Halbwahrheiten und Fehler ließe sich fortsetzen.
Nach der Lektüre des Buches bleibt rätselhaft, wie das Manuskript die Hürde des Verlagslektorats im Hause Herder überwinden konnte, um ins Programm des renommierten Verlags aufgenommen zu werden. Als Geschenk für Athospilger eignet es sich jedoch allenfalls der Bilder wegen.
publiziert in:
Der christliche Osten 57 (3–4/2002) 284