Textbuch Gemeindemesse

Augsburg: Pattloch Verlag 1997, gebunden, 128,– DM, ISBN 3-629-01550-6.

Textbuch Gemeindemesse

Seit mehr als einem Jahrhundert war das „Deutsche Meßbuch“ des Beuroner Benediktinermönchs Anselm Schott ein von vielen dankbar angenommener Begleiter bei der Meßfeier. Damals waren die lateinischen Texte des Meßbuches und ihre deutschen Übersetzungen noch bequem in einem handlichen Band unterzubringen. Seit der jüngsten Liturgiereform, die den „Tisch des Wortes“ reicher deckte, wuchs der Schott auf eine ganze Bibliothek. Die Lücke eines praktischen und zudem vergleichsweise preiswerten Kompendiums der Meßtexte schließt nun das vom Deutschen Liturgischen Institut in Trier herausgegebene Textbuch Gemeindemesse.

Der erste Teil ist „Texte des Meßbuches“ überschrieben und enthält die Meßformulare gegliedert nach Herrenjahr, Heiligenjahr und nach bestimmten Anlässen. Der zweite Teil bietet sämtliche Texte für die erste und zweite Lesung, die Antwortpsalmen und Hallelujaverse und die Evangelien. Diese „Texte des Meßlektionars“ stehen dabei nicht in ihrer liturgischen Anordnung, sondern in der Reihenfolge des biblischen Kanons. Was zunächst eine Platzfrage gewesen sein dürfte, begegnen viele Perikopen doch häufiger im Lesezyklus, erweist sich als interessanter Schlüssel für den Umgang mit der Schrift im Gottesdienst: Leicht ist feststellbar, welche Texte in der Liturgie besonderes Gewicht erhalten und welche verschwiegen werden. Oft wird so ein unkomplizierter Seitenblick auf den Kontext der jeweiligen Stelle ermöglicht. Ein solches „Perikopenbuch“ ist allerdings zur Vorbereitung des Lektorendienstes weniger zu empfehlen. Ausgehend vom Meßformular muß man etlichen Verweisen auf Lesungen, Antwortgesänge und Evangelium folgen. Zudem konnte keine Gliederung des Textes in Sprechzeilen vorgenommen werden.

Die „Feier der Gemeindemesse“ im vorliegenden Band beinhaltet alle zehn derzeit approbierten Hochgebete, während der Schott sich auf die klassischen vier Eucharistiegebete beschränkt. Gaben-, Schluß- und Segensgebete zur Auswahl sind wie die feierlichen Schlußsegen an der betreffenden Stelle des Schemas der Feier integriert. Dem Meßbuch folgend stehen die Tagesgebete zur Auswahl allerdings außerhalb der Feier der Gemeindemesse. Auch die „Segensgebete über das Volk“, leider sehr selten benutzt, fanden sich bislang nur an sehr abseitiger Stelle im Meßbuch und wurden vom „Schott“ überhaupt nicht publiziert.
Die Einführungen zu den Festzeiten sind auf dem neuesten Stand, knapp, niveauvoll und leicht verständlich, dabei überaus informativ. Die den Formularen für die Heiligengedenktage vorangestellten Viten eignen sich durchaus auch zum Vortrag innerhalb der Messe.

Die ausführlichen Zeittafeln im Anhang, die erstmals augenfällig machen, daß der 6.–10. Sonntag im Jahreskreis meist entfallen oder verdrängt werden, reicht leider nur bis ins Jahr 2006. Doch womöglich ist bis dahin bereits ein neues Meßbuch erschienen.

Beachtung verdient die breite Berücksichtigung der Rubriken. Viele dieser liturgischen Handlungsanweisungen sind den Interessierten hier erstmals außerhalb des Meßbuches zugänglich und rücken fast Vergessenes wieder in den Blick. Wer erinnert sich beispielsweise noch an das Knien zum Hallelujavers der Pfingstmesse, das seine ökumenische Entsprechung in den Kniebeugungsgebeten der byzantinischen Pfingstvesper hat?

In diesem Zusammenhang muß leider darauf hingewiesen werden, daß die Rubriken nicht in Rot gedruckt wurden, wie es sich durch die Jahrhunderte bewährt hat. Rote Druckfarbe wurde ausschließlich für die Verweise zwischen dem ersten und dem zweiten Teil verwendet, wofür Fettdruck ausreichend gewesen wäre. Die Übersichtlichkeit – namentlich die der Feier der Gemeindemesse – leidet dadurch erheblich. Auch huldigt die Satzschrift selbst mehr dem Zeitgeist als daß sie der Lesbarkeit diente. Und schließlich hätte auch der Einband in Bezug auf Material und Gestaltung etwas mehr Sorgfalt verdient. Gleichwohl ist die buchbinderische Verarbeitung trotz der mehr als 2500 Seiten gut gelungen. Fünf Zeichenbänder erleichtern die Handhabung des Bandes.

Das Textbuch Gemeindemesse setzt etwas größere Beweglichkeit voraus als der Schott. Es bietet dafür auch den vollständigen Text von Meßbuch und Meßlektionar und erschließt interessante Zugänge zur Meßfeier. Wer oft mit der Gestaltung der Gemeindemesse zu Tun hat, wird damit eine Lücke in seiner Handbibliothek schließen.


publiziert in:
Präsent – österreichische Wochenzeitung für Politik, Religion, Gesellschaft und Kultur 31.7.1997